Im Nachkriegsdrama „Draußen vor der Tür“ erzählt Wolfgang Borchert am Beispiel von Herrn Beckmann vom Schicksal einer Vielzahl von Kriegsheimkehrern aus dem zweiten Weltkrieg. Borchert selbst war 1945 als französischer Kriegsgefangenschaft nach Deutschland zurückgekehrt und verfasste das exemplarische Schauspiel als sein letztes Werk innerhalb einer Woche, da ihm sein krankheitsbedingter Tod zu diesem Zeitpunkt bereits bewusst war. Der ehemalige Unteroffizier Beckmann kehrt nach drei Jahren als Soldat in Sibirien und mit einem kaputten Kniegelenk in seine Heimatstadt Hamburg zurück. Als er dort erfährt, dass er von seiner Frau durch einen anderen Mann ersetzt wurde, versucht er sich, durch einen Sprung in die Elbe, das Leben zu nehmen. In der Strömung wird er ohnmächtig und hat einen halluzinativen Traum, in welchem die Elbe seinen Selbstmord ablehnt und ihn auffordert weiterzuleben. Anschließend findet sich Beckmann durchnässt am Ufer wieder, wo er auf seinen einstigen Mitsoldaten trifft. In dessen Begleitung sucht er daraufhin Bekannte auf, um dadurch wieder an sein Leben vor dem Krieg anzuknüpfen. Es kommt zu einem emotionalen Auf und Ab, einem Kreislauf aus dem Zuspruch von Beckmanns Kumpanen, Hoffnung und Niederschlägen, der letztendlich in Beckmanns Ansicht aller Menschen, einschließlich sich selbst, als Mörder resultiert und mit dem Verschwinden seines Gefährten unterbrochen wird. Der Autor beschreibt sein Werk auf der ersten Seite in nur einem Satz: „Ein Theater, das kein Theater spielen will und kein Publikum sehen will“. Der Grund für diese Aussage liegt in dem Gefühl der Traurigkeit, das während der Aufführung bzw. während des Lesens entsteht. Es durchzieht das Buch von der ersten Seite an, wobei die tragischste Tatsache in der Realität der Geschichte liegt. Probleme, mit welchen Kriegsheimkehrer zu kämpfen hatten, werden nachvollziehbar vermittelt, kommen jedoch meist überspitzt zum Ausdruck. Dies zeigt sich in erster Linie an der Denkweise und dem Auftreten Beckmanns. Seine Ausdruckweise ist geprägt von einerseits sehr kurzen und auf das Wesentliche beschränkte Aussagen, welche meist Fragen oder Ausrufesätze sind, und andererseits langen Monologen, in welchen er oft abschweift, sich wiederholt und die Negativität im jeweiligen Thema sucht. Symbol dafür ist seine Gasmaskenbrille, das Gegenstück zu dem, was als rosa Sonnenbrille bezeichnet wird. Durch ihre mehrmalige Erwähnung ist sie einer der Faktoren, der für die Präsenz der negativen Stimmung sorgt. Neben der Hauptfigur selbst, sind auch die Anzahl ihrer Probleme ein Aspekt, welcher die übertriebene Darstellung im Werk verkörpert. Die Palette an Schwierigkeiten, mit denen sich Beckmann befassen muss, reichen von Verlust Angehöriger und der damit verbundenen Obdachlosigkeit über Schuldgefühlen bis hin zu Enttäuschung. Diese Überdramatisierung der Umstände findet während des gesamten Plots, insbesondere jedoch in der zweiten Hälfte der fünften Szene, Verwendung. Sie führt dazu, dass Momente der Hoffnung oftmals wie verzweifelte Versuche der Rettung wirken und tragische Akte wiederum noch tragischer werden. Das traurige Gefühl während einer Aufführung bzw. während des Lesens, wird maßgeblich von ihr getragen und durch den Bezug zur Realität intensiviert. „Draußen vor der Tür“ ist damit im Grunde ein Abbild der Realität und beinhaltet somit einen informativen Faktor, der in das Leben und die Gefühlswelt von Kriegsheimkehrern Einblick verschafft. Allerdings handelt es sich um eine verzerrte Realität, bei der der Autor keine Gelegenheit auslässt, sie so schrecklich wie möglich darzustellen. Ist man sich dessen bewusst, eignet sich das Werk für jeden, der sich mit der Nachkriegszeit des zweiten Weltkriegs in Deutschland auseinandersetzen will.
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